Mehrfach wurde Ende Januar, Anfang Februar darüber berichtet, dass die Biogasanlagen, die auch einige Haushalte der Samtgemeinde mit Nahwärme versorgen, ohne Vorankündigung vom Netz genommen wurden. Das nicht als Strom oder Heizwärme verwertbare Biogas musste mehrere Tage lang abgefackelt werden, Wärmekunden blieben – von mehr als 80 Stunden war die Rede – mitten im Winter ohne Wärmeversorgung. Einzelhändler froren in ihren Geschäften. Eine überzeugende Leistung. Die Biogasanlagenbetreiber stellen sich unschuldig, die Abschaltungen würden vom Netzbetreiber ohne Vorwarnung oder Benachrichtigung erfolgen, darauf hätten sie gar keinen Einfluß, vergessen aber dabei zu erwähnen, dass sie durch die politisch gewollte Aushebelung von normalen Markt und Erzeuger-Verbraucher Beziehungen gar kein Interesse an einer vernünftigen Versorgung ihrer Wärmekunden haben. Sie werden für die Dauer der Abschaltung finanziell entschädigt. Warum also ein unternehmerisches Risiko eingehen, wenn das Geld derart risikolos fließt und man frei von jeder Verantwortung die Füße hochlegen kann. Dass es auch anders geht, demonstriert die Gemeinde Nechlin, die in einen 1 Million Liter fassenden Wasserspeicher investiert hat, bei Netzabschaltungen die Motoren weiterlaufen lässt und den Tauchsieder im Wasserbecken anstellt.
Der Hintergrund: Mit dem EEG Gesetz verpflichtet der Gesetzgeber die Netzbetreiber, Strom aus erneuerbaren Energien vorrangig abzunehmen, und zwar völlig unabhängig davon, ob gerade Bedarf nach diesem Strom besteht. Gleichzeitg wird den Bioenergieerzeugern ein Abnahmepreis gesetzlich garantiert. Diese müssen sich weder um Marketing, Vertrieb oder gar zufriedene Kunden kümmern. Was für jeden normalen Unternehmer selbstverständlich ist, nur so viel zu produzieren, wie man auf dem Markt auch verkaufen kann, weil man sonst die Lagerbestände weit unter Produktionskosten verschleudern muss, spielt im EEG Bereich keine Rolle. Dass mit dieser minimalintelligenten Wirtschaftsweise Angebot und Nachfrage nicht sinnvoll auszugleichen sind, ist aus 40 Jahren DDR-Planwirtschaft bestens bekannt, als Lektion in Westdeutschland aber noch nicht angekommen. Plante man drüben seine Wohnung zu renovieren, gab es entweder gerade viele Pinsel, aber keine Farbe, oder die Regale bogen sich unter den Farbeimern, aber es gab gerade keine Pinsel. Die findigen DDR-Bürger kauften auf Vorrat und etablierten unterhalb der offiziellen Planwirtschaft eine muntere Tauschwirtschaft, um wenigstens das Nötigste auftreiben zu können, ein Modell, das bei Strom leider nicht funktioniert, da die Puffer fehlen. Die aktuell vorhandene Speicherkapazität, so Prof. Harald Schwarz von der BTU Cottbus, reiche aus, um Deutschland 30-60 Minuten zu versorgen. Bei Dunkelflauten von ein bis zwei Wochen wenig überzeugend. Von der idyllischen Vorstellung, im Sommer speichern, um im Winter verbrauchen zu können, ist man himmelweit entfernt.
Bei genug Wind und Sonne produziert Deutschland massenhaft überflüssigen Strom, den man am europäischen Strommarkt zu Billigpreisen verschleudern muss, um in Zeiten der Dunkelflaute den dringend benötigen Strom um ein Vielfaches teurer wieder einzukaufen, was europäische Nachbarn voraussetzt, die genau zu diesem Zeitpunkt auch Überschüsse produzieren. Da Angebot und Nachfrage immer weiter auseinanderlaufen, müssen immer mehr Eingriffsmöglichkeiten genutzt werden, um das Stromnetz stabil zu halten. Alleine die Kosten für die Eingriffe seien gegenüber 2021 von 1,4 Mrd. auf 2,3 Mrd. deutlich gestiegen, heisst es im Jahresbericht 2022 der Bundesnetzagentur (Kernaussagen Redispatch und Einspeisemanagement).
In dieser Situation mit dem Finger auf die anderen zeigen, die Bayern, die jahrzehntelang den Bau neuer Leitungen blockiert hätten oder die große Politik in Berlin ist so sinnlos wie bequem, insbesondere, wenn man berücksichtigt, dass die große Politik in Berlin die schon lange absurde Situation noch weiter eskalieren wird. Es wurde berichtet, dass ein Gesetzentwurf vorbereitet wird, der es den Netzbetreibern erlauben soll, private Wärmepumpen und Ladestationen für E-Autos frei nach Bedarf herunterzuregeln. Man muss sich das auf der Zunge zergehen lassen: da werden die Bürger dazu getrieben, eine Menge Geld in die Hand zu nehmen um in ihre private Energiewende zu investieren und erleben dann das gleiche, das auch die Biogasanlagenbetreiber erleben. Morgen wollten wir Oma zum 80sten im Ruhrgebiet besuchen, leider wurde die Ladestation abgeregelt – wir kommen nur 50 km weit.
Wie die schöne neue Welt der deutschen Energiewende in Wirklichkeit auch aussehen kann, mussten gerade 37 Deinstedter Haushalte erfahren, denen von ihrem Bioenergielieferanten mitgeteilt wurde, dass ihre Versorgung mit Nahwärme zum 1.1.2024 eingestellt wird. Wie uns der Geschäftsführer der Naturstrom Burfeind zwischenzeitlich mitgeteilt hat, stellt man die Stromproduktion ein, bereitet sein Biogas auf und verkauft es als Biomethan. Wer vor zehn oder fünfzehn Jahren im Vertrauen auf die goldene Zukunft der grünen Energie seine alten Heizmöglichkeiten zugunsten eines Nahwärmeanschlusses verschrottet hat, kann jetzt zusehen, wie er bei extrem gestiegenen Lieferzeiten sein Haus im nächsten Winter warm bekommt. Nachhaltigkeit, eine Lieblingsphrase, sieht anders aus.
Man wird aus dieser absurden Lage nur herauskommen, wenn man sich von den großen Entscheidungen so weit es irgend geht, unabhängig macht, sich auf den tatsächlichen Bedarf und die tatsächlichen Ressorcen vor Ort besinnt und als Kommune oder noch besser als Energiegenossenschaft mit kommunaler Beteiligung in sein eigenes Netz investiert und sich die Möglichkeiten schafft, die vor Ort erzeugte Energie zuallererst selbst zu verbrauchen und nur das, was dann noch übrig ist, ins große Netz einzuspeisen.
28. Februar 2023 um 8:24 Uhr
… es gibt Vorbilder in Deutschland, wir wären hier keine Pioniere, sondern „hinkten“ eher hinterher. Eine vorbildliche Gemeinde in Treuenbrietzen hat bereits vor Jahren in die eigenErfahrungen zu partizipieren. Dann würde auch die Idee des Samtgemeindebürgermeisters für die Bildung einer Energie-GmbH vielleicht etwas mutiger diskutiert werden können. Gestern habe ich mich bei der Sitzung des Mittelstandsbeirates des Bundesministers für Wirtschaft und Klimaschutz mit dem Staatssekretär, Herrn Kellner, darüber unterhalten und das Problem der Weitergabe von überschüssiger Energie untereinander angesprochen, was die sinnvolle Energiekollektivierung bisher noch verhindert. Das Ministerium arbeitet daran, diese Hemmnisse überwinden zu helfen, hierfür ist die Abteilung 3 im Ministerium ein geeigneter Ansprechpartner für unsere Ideen. Die Zeit ist also wohl günstig hier nicht nur neu zu denken, sondern auch konkret zu werden. Die Diskussion über gesetzliche Maßnahmen für einen frühzeitigeren Ausstieg, schpn ab 2024, aus der Genehmigung neuer Heiz- und Energieanlagen auch im privaten Bereich, schreit förmlich danach, dass das nicht jede Familie in der Samtgemeinde das als ihre private und nur für sie allein zu meisternde Aufgabe ansehen sollte. Allein die Abforderung dann bald neu aufgelegter Fördermittel dafür, wird wieder eine „Antragswissenschaft“ für sich sein, an der man verzweifeln kann. Sich hier selbst einen starken Partner zu bilden, mit dem kollektiv all das angegangen werden kann, wird erhebliche finanzielle und praktische Vorteile für die Einzelnen bringen. Zeichnete z.B. jede Familie der Samtgemeine, einmalig eine Genossenschaftseinlage in Höhe von 100 Euro, würde dafür eine ökonomische Anschubkraft entstehen, über die sich jeder Bürgermeister oder Bürgermeisterin freuen dürfte, weil im Zusammenwirken mit der Kommune sich damit eine bisher nicht gekannte Gestaltungsmacht bildet, für eine zentrale Aufgabe, die unser Leben in den nächsten 30 Jahren sehr stark prägen wird. Fragt mal den Samtgemeindebürgermeister, wie viele Haushalte es in der Samtgemeinde gibt, dann werdet Ihr staunen, wie wenig 100 Euro einzeln sind und welche Kraft entsteht, wenn sie zusammen kommen.